Der Klimawandel im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung des Trägervereins Energiestadt: Es seien tiefgreifende Veränderungen und gemeinsames Engagement nötig, wurde übereinstimmend in Fachreferaten und im Austausch mit Klimademonstrierenden gefordert. Denn – so lautete auch das Tagungsthema: «Es gibt keinen Plan(eten) B».

An der Mitgliederversammlung des Trägervereins Energiestadt vom Dienstag, 21. Mai 2019, in Egnach (TG) kreuzten Fachleute, Politiker und eine Vertretung der Klima-Jugendproteste die Klingen. Es wurde deutlich: Die fast 450 Energiestädte in der Schweiz gehen punkto Klimaschutz mit gutem Beispiel voran und arbeiten konkret an der Reduktion der Treibhausgasemissionen: «Aber es gibt noch viel zu tun, denn es gibt keinen Planeten B», sagte Präsidentin Barbara Schwickert, Bau-, Energie- Umweltdirektorin der Stadt Biel. Der Trägerverein Energiestadt sei froh, dass die junge Generation das Thema so aktiv aufnimmt und an einer klimafreundlichen Zukunft mitarbeiten will. Stephan Tobler, Gemeindepräsident der Gastgemeinde und Vizepräsident des Trägervereins Energiestadt, stellte am Beispiel seiner Gemeinde vor, was Energiestädte heute bereits umsetzen. Davon konnten sich die Versammlungsteilnehmenden am Nachmittag auf drei Exkursionen auch selbst ein Bild machen. Der Thurgauer Grossratspräsident Turi Schallenberg erwähnte in seiner Begrüssung das vorbildliche Förderprogramm seines Kantons für mehr Energieeffizienz und zur Förderung alternativer Energien. Urs Meuli als Fachspezialist des Bundesamts für Energie hob hervor, dass die Gemeinden im Programm Energie Schweiz eine tragende Rolle spielen, wenn es darum geht, Energie zu sparen.

Klimawandel fordert heraus

In zwei Kurzreferaten wurde deutlich, wie sehr der Klimawandel Politik, Gesellschaft und Wirtschaft herausfordert. Auch wenn Energiestädte sich dafür einsetzen, den Klimawandel weit möglichst zu vermeiden – nicht alle Folgen sind abwendbar: Naturgefahren werden immer bedrohlicher. Manuela Christen, Kommunikationsverantwortliche des Klimaprogramms beim Bundesamt für Umwelt, erklärte, welchen Problemen Gemeinden aufgrund des Klimawandels gegenüberstehen. Sie führte aus, welche Massnahmen helfen können, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu mindern. Namentlich ging sie auf die Schaffung von städtischen Grün- und Freiräumen ein. Der Hauptfokus des Klimaprogramms des Bundes bis ins Jahr 2020 liege in der Stärkung der Kommunikation von Gemeinden zu Klimathemen sowie in der Berufsbildung. Marco Baumann erklärte als Fachspezialist für Wasserbau und Hochwasserschutz, wie im Kanton Thurgau mit längeren Trockenperioden umgegangen wird. Man tue gut daran, sich einerseits auf noch mehr sehr heisse Tage und andererseits auf Extremniederschläge einzustellen. Deshalb sei eigens ein kantonaler Stab eingesetzt worden. Er wies auf das Risiko hin, dass im Thurgau keine übergeordnete Planung zur Wasserverteilung und -speicherung für die landwirtschaftliche Nutzung existiere. Daran werde aber intensiv gearbeitet.  

«Es braucht ein Umdenken»

Das Podiumsgespräch inspirierte, um kontrovers und doch konstruktiv über Klimawandel nachzudenken. «Brauchen wir den Klimanotstand, so wie es die Klimaproteste in den letzten Wochen vehement gefordert haben?», fragte Moderator Roman Salzmann in die Runde. Turi Schallenberg, Grossratspräsident des Kantons Thurgau, drückte sein Bedauern aus, dass der Thurgauer Regierungsrat sich kürzlich gegen den Notstand entschieden hat. Er hätte sich ein klares Zeichen gewünscht. Jann Kessler, Filmemacher und Student aus Bern und in Frauenfeld aufgewachsen, stellt sein Studium im Moment zurück, um sich für den Klimaschutz einzusetzen. Für ihn brauche es ein grundsätzliches Umdenken: «Weg vom stetig wachsenden Konsum, hin zu mehr zwischenmenschlicher Qualität.»Dafür setze sich Energiestadt aktiv ein, betonte Geschäftsführerin Maren Kornmann. Sie erwähnte die Auszeichnung «Energieschulen». Mit dieser Auszeichnung sollen Schulen, Lehrpersonen und nicht zuletzt die Schülerinnen und Schüler sensibilisiert und begleitet werden, bewusster mit Energie umzugehen. Das stiess bei Luthien Leenders auf offene Ohren, die derzeit die Kantonsschule in Romanshorn besucht. Sie fände es wichtig, auf allen Schulstufen noch stärker in die Bildung im Bereich Klimaschutz zu investieren. Der Egnacher Gemeindepräsident Stephan Tobler gab den beiden Klimademonstrierenden auf den Weg, dass es wichtig sei, die ganze Bevölkerung zu mobilisieren. Nur dann bestehe die Chance, etwas zu bewirken.

«Energiestadt» repräsentiert fünf Millionen Menschen

Die rund 140 Mitglieder an der Mitgliederversammlung des Trägervereins Energiestadt genehmigten im statutarischen Teil die praktisch ausgeglichene Jahresrechnung 2018 und das Budget 2019, das ebenfalls eine schwarze Null vorsieht. Gegenwärtiger Schwerpunkt der Tätigkeit des Trägervereins Energiestadt ist die strategische Ausrichtung des Vereins für die nächste Dekade, in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Bundesämtern, erklärte Präsidentin Barbara Schwickert. Damit unterstütze der Verein die langfristige Energie- und Klimapolitik ihrer Mitglieder: Mittlerweile seien fast 450  Städte, Gemeinden sowie zahlreiche 2000-Watt-Areale, Energieschulen und Energie-Regionen ausgezeichnet worden. Sie alle repräsentieren laut Schwickert bereits fünf Millionen Menschen in der gesamten Schweiz. Internationale, nationale und kantonale Partnerschaften würden weiterverfolgt. Es bleibe Kernaufgabe des Trägervereins, die Qualität der Aktivitäten der Energiestädte zu sichern und das Energiestadt-Label weiterzuentwickeln: «Unsere Aufgabe muss zukünftig breiter verstanden werden, um den unterschiedlichen Ansprüchen der Gemeinden gerecht zu werden. Energiestadt soll noch mehr wie bisher zu einem ‹Kompetenzzentrum› mit weiteren Angeboten und Dienstleistungen ausgestaltet werden, um die Energiestädte bei ihrem Engagement noch besser zu unterstützen.»

Neue Vorstandsmitglieder gewählt

Der Vorstand des Trägervereins wurde für die nächsten zwei Jahre bestellt. Neu gewählt wurden Magdalena Meyer-Wiesmann aus Kirchlindach, Projektverantwortliche des Schweizerischen Gemeindeverbands für Raumplanung, Umwelt, Verkehr, Energie und Sicherheit, sowie Marcus Diacon, Leiter der Energiefachstelle der Stadt Basel. Im Amt bestätigt wurden die Präsidentin und Bieler Bau-, Energie- und Umweltdirektorin Barbara Schwickert (BE), der Vizepräsident und Egnacher Gemeindepräsident Stephan Tobler (TG), Stadträtin Ruth Bänziger aus Onex (GE), der Zuger Stadtrat Urs Raschle sowie Martin Tschirren, stellvertretender Direktor des Schweizerischen Städteverbandes. Aus dem Vorstand verabschiedet wurden Reto Lindegger, ehemaliger Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbandes, und Bruno Bébié, ehemaliger Energiebeauftragter der Stadt Zürich.

Referate:


Bildlegende:
Konsensfindung statt Klima-Demo: Luthien Leenders (zweite von links) und Jann Kessler (ganz rechts) von der Klimabewegung diskutieren mit den Energiestadt-Vertreterinnen Maren Kornmann (ganz links) und Barbara Schwickert über den Klimawandel.

Bildlegende:
Konsensfindung statt Klima-Demo: Luthien Leenders (zweite von links) und Jann Kessler (ganz rechts) von der Klimabewegung diskutieren mit den Energiestadt-Vertreterinnen Maren Kornmann (ganz links) und Barbara Schwickert über den Klimawandel.

Kontakte:
Cyrill Rüegger, salcom.biz, 071 420 92 21, cyrill.rueegger@salcom.biz
Barbara Schwickert, Präsidentin Trägerverein Energiestadt, 078 739 48 85

Gesamtübersicht Ende März

441Energiestädte
45 Energiestädte GOLD