Walenstadt – Quartierstrom 2.0: Ein Quartier erprobt die Energiezukunft

Ein Quartier in Walenstadt handelt mit selbst produziertem Strom. Das erfolgreiche Pilotprojekt geht nun in die nächste Runde. Ziel ist, die Anzahl der teilnehmenden Haushalte zu erhöhen und die Stromhandelsplattform zu einem marktfähigen Produkt für die Energiewirtschaft zu entwickeln.

Das Projekt Quartierstrom in Walenstadt SG geht dank der Förderung durch die Smart City Innovation Challenge in die nächste Runde. 2019 startete das Pilotprojekt Quartierstrom 1.0 als erster lokaler Strommarkt der Schweiz mit 37 Haushalten, die ihren eigenen Solarstrom produzierten und überschüssigen Strom innerhalb des Quartiers weiterverkauften. Ein Jahr lang untersuchten Hochschulen, Unternehmen und der Energieversorger WEW, ob ein solcher lokaler Strommarkt funktioniert – und das tat er.
Ziel des Nachfolgeprojekts Quartierstrom 2.0 ist, die Anzahl der teilnehmenden Haushalte auf 100 auszuweiten und die Plattform, über die sie den Strom handeln, nutzerfreundlicher zu gestalten. So soll ein marktfähiges Produkt entstehen, das auch lokale Energieversorger nutzen können.

Win-win Situation im Quartier

Das Innovative am Projekt Quartierstrom ist der Ansatz, dass die teilnehmenden Haushalte ihren überschüssigen Strom an ihre Nachbarn weiterverkaufen können, bevor er an den lokalen Energieversorger geht. Im Detail sieht das dann so aus: Ein Haushalt produziert Strom und verbraucht einen Teil davon selbst. Zusätzlich wird die eigene Batterie im Keller aufgeladen. Den restlichen Strom kann man seinen Nachbarn anbieten. Den Preis bestimmt jeder und jede selbst. und bekommt so mehr, als wenn der Strom direkt ins Netz fliesst. Für die Nachbarn lohnt es sich auch, da sie weniger für diesen Strom bezahlen als für den Strom des Energieversorgers. Den übrigen Strom nimmt der lokale Energieversorger zum Festpreis ab.   

Eigenverbrauch verdoppelte sich

Bilanz nach Abschluss der Pilotphase Quartierstrom 1.0: Der Eigenverbrauch der Gemeinschaft stieg auf rund 60 Prozent. Zum Vergleich: Ohne Zusammenschluss könne ein einzelner Haushalt nur etwa 30 Prozent seines erzeugten Stroms selbst nutzen, schreibt das ETH Magazin «Globe».

Mehr Gespür für den Strommarkt

Quartierstrom 2.0 baut nun auf den Erfahrungen des erfolgreichen Vorgängerprojekts auf. Ziel ist, die Stromhandelsplattform so auszubauen, dass weitere Energieversorger in der Schweiz einen lokalen Strommarkt in ihrem Gebiet anbieten können. In einem ersten Schritt soll die Anzahl der teilnehmenden Haushalte auf 100 erhöht werden. Um ein marktfähiges Produkt für die Energiewirtschaft zu entwickeln, investiert das Team in die Nutzerfreundlichkeit der Software. Gleichzeitig soll die Hardware durch marktübliche Smart Meter ersetzt werden. Sie ermöglichen es, die Produktion und den Verbrauch jederzeit abzurufen. Das führte bei einigen Teilnehmenden bereits zum Umdenken: Statt die Spülmaschine am Abend mit dem Niederstromtarif laufen zu lassen, stellten sie die Maschine tagsüber bei Sonnenschein an. Ein Umdenken, dass sich sowohl finanziell lohnt als auch einen engen Bezug zum Strommarkt schafft und die Teilnehmenden motiviert, eine aktive Rolle in der Energieproduktion zu übernehmen.

Neue Funktionalitäten

Die Möglichkeit, den Preis selbst zu bestimmen, wurde von den Teilnehmenden im Vorgängerprojekt nur selten genutzt. Bei Quartierstrom 2.0 erfolgt die Preisgestaltung deswegen automatisch. Dafür können die Teilnehmenden nun festlegen, ob sie ihren Strom lieber ihrer Nachbarin liefern oder dem Bauern nebenan. Zuvor hatten sie darauf keinen Einfluss und die Stromlieferung erfolgte anonym.
Bei der Weiterentwicklung der Plattform sind Warmwasserboiler ebenfalls im Fokus. Sie sollen so eingebunden werden, dass sie nicht mehr nachts geheizt werden, sondern ebenfalls tagsüber bei Sonnenschein. So lassen sich die Spitzen der Stromproduktion besser nutzen.

Bilder: quartier-strom.ch

Gewinner der Smart City Innovation Challenge 2020

Kosten und Finanzierung
CHF 265‘000
Zeitdauer
2019 - 2021
Involvierte Akteure